Influencer-Marketing – ein aktuell kontrovers diskutierter Trend
In Deutschland war das Jahr 2016 das Jahr des Influencer-Marketings. Der Blick in das Tool »Google Trends« lässt daran keinen Zweifel. Die Anzahl der Suchanfragen nach »Influencer-Marketing« ist insbesondere im Jahr 2016 deutlich gestiegen und wird, wenn sich der Trend fortschreibt, bald das Niveau von Content-Marketing erreichen. Die folgende Abbildung verdeutlicht dies eindrucksvoll.
Im Laufe des Jahres 2016 hat Influencer-Marketing sogar in Bezug auf die Nachfrage Themen wie »Video-Marketing« oder »Display Advertising« überflügelt und sich an das Niveau von Content-Marketing herantastet.
Im Kern geht es beim Influencer-Marketing darum, vertrauenswürdige, authentische und glaubwürdige Dritte dazu zu bewegen, öffentlich positive Aussagen über ein Unternehmen oder eine Marke zu tätigen. Im Idealfall passen diese Personen zur jeweiligen Marke, damit dem Aspekt der Glaubwürdigkeit Genüge getan wird. Persönlichen Empfehlungen vertrauen Konsumenten generell mehr als stumpfen Werbebotschaften. Es geht darum, Menschen mit Einfluss und Ansehen einzuspannen für Unternehmenszwecke. Dieses Vorgehen ist im Prinzip uralt. Es hat jedoch aufgrund von Social-Media in den letzten Jahren eine völlig neue Dimension erfahren. Denn Mittlerweile gibt es auch in Deutschland Personen, die sich aus eigener Kraft über soziale Medien eine beachtliche Reichweite erarbeitet haben und diese nun zu Geld machen. Es muss heute also kein Sebastian Schweinsteiger oder keine Serena Williams mehr sein. Auch mit weniger bekannten YouTube- oder Instagram-Stars lassen sich heute Erfolge erzielen. Zudem haben »Influencer-Stars«, die ihre Reichweite selbst aufgebaut haben und die nicht aus Bereichen wie Sport, TV oder Musik bekannt sind auch ihre Vorteile. Diese Influencer sind erfolgreich, weil sie als Person echt, authentisch und unterhaltsam sind. Beispiele solcher Influencer sind Bibi, Gronkh oder Pamela Reif. Sie haben es geschafft, sich aus eigener Kraft zur »Marke« zu machen. Manche von ihnen erreichen plattformübergreifend tagtäglich Millionen von Nutzern. So hat beispielsweise der YouTube-Kanal »BibisBeautyPalace« rund 4,5 Millionen Abonnenten (Stand Juli 2017). Auf Instagram folgen ihr über 4,4 Millionen User. Von diesen Reichweiten träumt so manches TV-Format.
Diese Erfolge schaffen jedoch auch Begehrlichkeit; und so ist es nicht verwunderlich, dass es auch Influencer gibt, die mit der Unterstützung von Bots eine scheinbar große Reichweite auf Instagram oder anderen Kanälen erlangen, um diese dann teuer zu verkaufen. Das wiederum schafft Unsicherheiten und wirft Fragen auf: Wer ist überhaupt noch »echt«? Wer war noch nie »echt«? Follower-Bots und automatisierte Likes sind vielen Instagrammern und Unternehmen ein Dorn im Auge. Dennoch – wo so viel Geld im Spiel ist, wird es auch immer Betrüger geben, die die Zahlen künstlich nach oben treiben. Im August 2017 erschien sogar ein Artikel in Horizont.de, der von einem Experiment einer US-Agentur berichtet, die mit Fake-Accounts Abschlüsse zu erzielten. Fallen Werbetreibende auf solche Machenschaften herein, haben sie mit Zitronen gehandelt.
In Deutschland ist aufgrund der eingetretenen Konstellation in den letzten Monaten eine kontroverse Diskussion entbrannt. Auf der einen Seite erscheinen immer häufiger mahnende Artikel mit Headlines wie „Influencer-Marketing: Das Glaubwürdigkeitsproblem der Social-Media-Stars“ oder „Rettet das Influencer-Marketing“. Die W&V hat sogar eine Facebook-Gruppe gegründet, mit dem Titel „Rettet das Influencer-Marketing“. Im August erschien unter der Überschrift
„So wird Influencer Marketing kaputt gemacht!“
ein Interview mit Christiane Schulz, die seit kurzem Präsidentin des GPRA e. V. ist. Der GPRA ist, laut eigenem Bekunden, der Unternehmensverband der führenden Kommunikationsagenturen mit PR-DNA in Deutschland. Im Interview geht Frau Schulz mit Mediaagenturen hart ins Gericht, die versuchen, Influencer Marketing wie Werbung einzukaufen und das Geschäft zu skalieren. Sie prangert die Goldgräberstimmung und den Verstoß gegen professionelle Standards der Kommunikation an. Insbesondere prangert sie den häufigen Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht von Werbung an. Zitat „Wenn jemand für ein Unternehmen spricht und auf irgendeine Weise dafür bezahlt wird, muss das deutlich gemacht werden. Es geht hier vor allem um Transparenz. Ist die nicht gegeben, wird der Konsument getäuscht.“
Andererseits reißen aber auch die positiven Berichte über Influencer-Marketing nicht ab. Im August erschein Artikel „Sind Influencer wirklich glaubwürdiger als Zeitung, TV und Co.?“. Im Artikel berichtet Christian Erxleben von einer Studie, welche im April 2017 bei insgesamt 1.604 Online-Nutzern aus Deutschland zu ihrem Kauf- und Informationsverhalten durchgeführt wurde. Im Kern ging es um die Frage nach der Glaubwürdigkeit unterschiedlicher Medien. Laut dieser Studie ist Influencer-Marketing glaubwürdiger als Anzeigen oder gar Artikel in Zeitungen und Zeitschriften. Ebenfalls aus August 2017 stammt der Artikel „Nutzer schätzen gesponserte Inhalte – und handeln danach“. In diesem Artikel beschäftigt sich Annette Mattgey mit einer aktuellen Erhebung von Yougov. Laut dieser Erhebung gaben drei Viertel aller Befragten an, dass sie von Sponsoring in Blogs und Videos wissen, was sie jedoch nicht davon abhält sich weiter zu informieren oder die Markenwebsite zu besuchen. Demnach würde die Erhebung belegen, dass Influencer-Marketing auch sehr gut funktioniert, wenn die entsprechenden Posts als Werbung gekennzeichnet sind (was heute nicht immer der Fall ist).
Quo Vadis Influencer Marketing?
Angesichts der Schwierigkeiten, mit der Infleuncer-Marketing aktuell zu kämpfen hat, wage ich einmal einen Blick in die Glaskugel und stelle folgende Thesen auf:
- Gut gemachtes Influencer-Marketing mit klugen Influencern, die ihre mühsam aufgebaute Marke nicht verheizt haben und daher immer noch glaubwürdig und authentisch sind, wird immer erfolgsversprechend bleiben. Einfach weil die Basismechanismen funktionieren, so wie sie schon seit hunderten von Jahren funktionieren.
- Werbetreibende werden lernen, Qualität zu beurteilen und zu erkennen. Betrüger werden es mittel- bis langfristig schwer haben. Die öffentliche Diskussion im die Glaubwürdigkeit von Influencer-Marketing und die immer lauter werdenden Rufe nach einer Kennzeichnung von Influencer-Werbung werden die Aufmerksamkeit der Werbetreibenden hoch halten und eine Professionalisierung begünstigen.
- Es wird dennoch immer Betrüger geben. Wo viel Geld im Spiel ist, wird sich das nicht vermeiden lassen.
- Agenturen und Influencer die „das schnelle Geld“ machen wollen, werden noch wenige Jahre Erfolg haben. Mit zunehmender Professionalisierung wird sich dieser Erfolg jedoch deutlich reduzieren und irgendwann gegen null gehen.
- Micro-Influencer werden zunehmend attraktiv – laufen aber Gefahr, in die gleiche Falle zu laufen wie viele Top-Influencer. Zu leicht verdientes Geld verdirbt den Charakter. Auch den von Micro-Influencern.
- Teilweise hat begünstigt Infleuncer-Marketing auch andere Teildisziplinen des Online-Marketings. Der Wert von Influencer-Marketing bemisst sich daher nicht nur in „Reichweite“, sondern auch in „Kreativität“ und „Content“. Mehr dazu in meinen Buch „Influencer-Marketing“.
- Die Branche wird mittelfristig wirklich aussagefähige Kennzahlen und KPIs entwickeln, welche einen professionellen Umgang mit dem Thema erleichtern werden und die Attraktivität im Markting-Mix noch erhöhen werden.
- Nach der derzeitigen Läuterungsphase wird das Thema weiter wachsen und an Bedeutung gewinnen. Die Vorteile sind zu stark und zu deutlich. Das Thema »Influencer-Marketing« wird nicht mehr weg gehen und mittelfristig Bestandteil im Marketing-Mix vieler Unternehmen.