HEY, GOOGLE: Google Glass trifft auf künstliche Intelligenz
Sie ist wieder da. Google Glass will zukünftig die Industrie-Branche erobern. Die neue Datenbrille kommt mit einer App des israelischen Softwareunternehmens Palatine, die die “Google Glass Enterprise Edition” mit einem intelligenten Assistenten ausstattet.
Google Glass: Eine kurze Geschichte
Es war ein kurzes Kapitel, das in der Öffentlichkeit große Wellen schlug: 2014 kamen einige Tausend Beta-Versionen der Datenbrille Google Glass in Umlauf, im Januar 2015 wurde die Produktion wegen starker datenschutzrechtlicher Kritik auch schon wieder eingestellt. Und das, ohne überhaupt jemals offiziell auf den Markt gekommen zu sein. Der Grund: Mit der Brille konnten jederzeit unbemerkt Fotos und Filme der Umgebung aufgezeichnet werden. Auch die Gesichtserkennung bereitete Menschen in Anwesenheit der später als “Glassholes” bezeichneten Trägern großes Unbehagen.
Neustart für Google Glass Enterprise Edition
Am 23. Juli 2018 gab Google Cloud die Kooperation mit dem israelischen Unternehmen Palatine bekannt. Das ausgezeichnete Unternehmen ist auf künstlicher Intelligenz basierenden Software zur Optimierung von Fertigungsprozessen spezialisiert. Das Ergebnis: “Google Glass Enterprise Edition”.
Die in die Brille integrierte KI arbeitet mit Googles Voice-Interface Dialogflow zusammen. Sie versteht Sprachbefehle und bietet sprachbasierte Antworten an. Das mag den einen oder anderen ein bisschen an Amazons Alexa für Unternehmen erinnern.
Gleichzeitig können produktionsbezogene Daten im Sichtfeld des Trägers eingeblendet werden. Auf diese Weise wird der Arbeitsfluss deutlich verbessert, da der Träger beide Hände frei hat und seine Arbeit nicht unterbrechen muss, um Nachschlagewerke zu konsultieren. Auch eine Bilderkennungssoftware soll mit an Bord sein. Warnungen und Empfehlungen werden so zur richtigen Zeit eingeblendet. Damit konnten in der vorausgehenden zweijährigen Testphase mit Unternehmen wie Airbus, Boeing, DHL oder AGCO beispielsweise die Produktionszeit von Landwirtschafts-Maschinen um 25% gesenkt werden.
Betreiber von Produktionsstätten sowie Manager erhalten über den Digital Assistant KI-basierte Warnmeldungen, aktuelle Handlungsempfehlungen sowie eine Dokumentation des Fertigungsfortschritts in Echtzeit.
Das ist aber noch nicht alles.
Fabrikbetreiber und Manager können nun ständig mit den Digital Assistant von Plataine kommunizieren, um KI-basierte Warnmeldungen und optimierte Empfehlungen zu erhalten und den Fertigungsfortschritt in Echtzeit zu dokumentieren.
Laut der Pressemitteilung von Palatine will Google die intelligente Brille am 21./22. September auf der Next’18 in Hamburg offiziell vorstellen. Bis der großangelegte Einzug in die Fertigungshallen dieser Welt ansteht, ist es nur noch eine Frage der Zeit. Damit schafft sich der Suchmaschinen-Gigant ein Standbein in der Schnittstelle zwischen online und offline und macht sich langfristig zum unentbehrlichen Partner für die ganz großen Produzenten.
Die Fähigkeiten der Enterprise Edition sind beeindruckend. Die ursprüngliche Kritik an Google Glasses, unbemerkt Daten des Trägers und seiner Umgebung aufzuzeichnen und auszuwerten, schwingt auch bei der Enterprise Edition noch mit – wenn auch viel stiller und begrenzt auf Fabrikhallen. Schließlich dokumentiert und reportet die aufmerksame Brille alle Aktivitäten von Fabrikarbeitern. Das bedeutet für Millionen Arbeitnehmer weltweit eine deutliche Erhöhung der Überwachung (und des Drucks) am Arbeitsplatz. Ob Arbeitgeber es schaffen werden, diesem Reiz der Kontrolle zu widerstehen, bleibt fraglich.