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Chatbots : Vor- und Nachteile automatisierter Kommunikation

Dominik Strzoda
| 22.03.2021

Noch vor einigen Jahren waren Chatbots in aller Munde und wurden als DAS neue Marketing-Tool angepriesen. Inzwischen ist es ruhig geworden um die Wunderwaffe der Marketing-Kommunikation.

Aber woran liegt das? Und was können wir in Zukunft von den automatisierten Helfern erwarten?

Aber von Anfang an. Was sind Chatbots?

Chatbots sind Programme, die anhand von Texterkennung reagieren. Damit simulieren sie ein Gespräch mit dem User, erfüllen einfache Aufgaben oder liefern Informationen.

Obwohl es Chatbots schon früher gab, erlebten sie 2016 ihren zweiten Frühling, als Facebook seine Messenger Plattform für die Entwicklung von Bots öffnete.

Die Präsentation, die Facebook damals ablieferte, war schon beeindruckend. In den Demo-Videos war zu sehen, wie einfach per Messenger Schuhe gekauft werden können, Blumen mit individuellem Grußtext verschickt werden oder Nachrichten individuell nach Themengebiet abonniert werden können.

Welt der Wunder hat einen sehr gut zusammengefassten Beitrag über Chatbots erstellt:

Das beflügelte natürlich die Fantasien der Marketing-Abteilungen rund um den Globus. Der Messenger würde das Kundencenter ersetzen, man könne 24/7 mit dem Kunden interagieren und Werbung individuell zugeschnitten auf den einzelnen Kunden präsentieren.

Nachteile der automatisierten Kommunikation

Was ist schief gelaufen? Wo sind die automatisierten Shoppinghelfer heute?

Nun, wir wurden seither überschwemmt mit verschiedenen Bots. Das Problem ist nur: Die meisten Chatbots sind alles andere als intelligent oder hilfreich.

Die Entwicklung von Chatbots ist dank Anbietern wie Chatfuel und Dexter zwar recht einfach geworden, die Qualität der Bots hat darunter allerdings gelitten.

„Besser keinen Chatbot, als einen dummen Chatbot.“

Somit lassen sich zwei grundlegende Problemfelder bei Chatbots identifizieren:

1. Problem: (künstliche) Intelligenz

Viele der Chatbots, die heute im Umlauf sind besitzen keine künstliche Intelligenz. Sie agieren auf einem simplen Set Regeln oder einer grundlegenden Texterkennung.
Das ist problematisch, weil wir dank Siri, Google oder Amazon Alexa schon weitaus intelligentere und nützlichere Alltagshelfer gewohnt sind.

Dadurch empfinden wir die Interaktion mit einem „simplen“ Chatbot in etwa so frustrierend wie die automatische Telefonhotline, die unsere Kundennummer nicht erkennt.

KMUs und Unternehmen mit begrenztem Budget stehen also vor der Herausforderung, die Bots kontinuierlich weiterzuentwickeln, sodass sie einen Mehrwert für den Kunden bieten können.

Tay: Der fehlgeleitete Chatbot

Aber auch große Konzerne, die ihre Bots mit lernenden Algorithmen ausstatten, sind nicht gefeit vor Rückschlägen. Ein bekanntes Beispiel ist der Microsoft Bot „Tay“ gewesen. Auf Twitter haben User den Bot gezielt mit rassistischen, sexistischen und beleidigenden Kommentaren gefüttert.

Screenshot des Twitter-Accounts von Microsofts Chatbot Tay

In den meisten Fällen hat Tay fragwürdige Äußerungen lediglich wiederholt; allerdings lernt künstliche Intelligenz aus diesen Interaktionen. Nach nur 24 Stunden wurde Tay wieder abgeschaltet.

2. Problem: Sinnhaftigkeit

Es gibt Chatbots, die können das Wetter ansagen oder einem Nachrichteninhalte präsentieren. Das ist weder neu, noch brauche ich einen Bot dafür. Die meisten von uns haben bereits Apps für die Wettervorhersage oder den favorisierten Nachrichtenkanal installiert. Hier bekommen wir schon heute mittels Push-Nachricht unsere Informationen. Wieso sollte ich also einen Bot hierfür verwenden?

Zu viele Unternehmen machen sich vorab einfach zu wenig Gedanken darüber, welchen Zweck der Chatbot liefern soll. Der Adidas Chatbot lässt lediglich ein Video ablaufen und interagiert GAR NICHT mit dem Kunden.

Adidas Chatbot

Vorteile von Chatbots

Allen Umständen zum Trotz bieten Chatbots ein enormes Potential als neuer Marketingkanal. Immerhin nutzen alleine in Deutschland ca. 50 Millionen Menschen den Facebook Messenger und/oder WhatsApp.

Damit ist nicht nur die Reichweite gegeben, sondern auch die Erreichbarkeit. Im Gegensatz zum Kundendienst ist der Bot rund um die Uhr verfügbar.

Der Bot kann dadurch z.B. den Service entlasten, indem er die häufig gestellten Fragen (FAQs) beantworten kann.

Sinnvoll ist auch der Einsatz von Bots, die vordefinierte Antwortmöglichkeiten liefern. Hierüber kann dann die komplette Website- oder Online-Shop-Struktur über den Messenger abgebildet werden. Diese Nutzungsmöglichkeit kann zu einer komplett neuen Art des Einkaufserlebnisses werden.

Besonders spannend wird es, wenn der Chatbot für clever durchdachte Marketing-Kampagnen genutzt wird. Ein tolles Beispiel lieferte hier Unilever ab, die einen Bot entwickelten, der den Kindern spielend anhand von kleinen Cartoon-Videos das Zähneputzen näherbrachte. Die animierten Stories konnten sogar mit den Vornamen der Kinder leicht personalisiert werden.

Unilever Chatbot
Unilever führt Storytelling mit seinem Chatbot auf eine neue Ebene!)(Quelle: http://www.topbots.com/project/unilever-signal-chatbot-review/

Wo geht die Reise hin?

Zugegeben, Chatbots sind noch nicht auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung. Doch es lässt sich erahnen, was die Zukunft der Bots für uns bereit hält.

Mit den Fortschritten bei selbstlernenden Algorithmen und höherer Performance beim Data- und Text-Mining (Texterkennung), werden die Chatbots zunehmend intelligenter und damit nützlicher werden.

Durch Smart-Home Lösungen wie Amazon Echo oder Google Home, werden Chatbots nicht mehr nur über Messenger-Plattformen erreichbar sein, sondern im Alltag tatsächlich mit uns sprechen. Dabei werden wir vielleicht gar nicht mehr merken, wenn Amazon Echo oder Google Home auf einen externen Bot zugreift.

Immer den menschlichen Kontakt ermöglichen

Dennoch wird es noch eine lange Zeit dauern, bis die Bots so intelligent und nützlich werden, dass man ihnen die Kommunikation mit den Kunden gänzlich überlassen kann.  Aus diesem Grund sollte es bei jedem Bot immer die Möglichkeit geben, zu einem richtigen Mitarbeiter zu wechseln.

Ein gutes Beispiel hierfür ist z.B. der Chatbot von Tommy Hilfiger, der diese Möglichkeit anbietet. Hier hat der Kunde die Wahl, ob er mit dem Chatbot kommunizieren möchte oder doch lieber mit einem Mitarbeiter. Top!

Tommy Hilfiger Chatbot

Tipps für den Einsatz von Chatbots

Hier sind fünf nützliche Tipps für den Einsatz von Chatbots:

  1. Strategie: Du solltest dir von Anfang an eine Strategie für deinen Bot zurecht legen. Überlege dir welchen Mehrwert ein Bot für deine Zielgruppe haben könnte.
  2. Gesprächsverlauf: Ein Bot, der Texte erkennt und angemessen darauf reagiert, ist ein Mammut-Projekt. Starte lieber mit einem Bot, der vordefinierte Antwortmöglichkeiten liefert.
  3. Style: Der Bot kommuniziert mit deinen Kunden und sollte daher auch in seiner Sprache und seinem Stil zu deiner Marke passen.
  4. Personalisiert: Auch wenn es aufwändiger ist, versuche die Kommunikation über den Bot zu personalisieren. Der Bot sollte Grundlegende Eigenschaften (z.B. Geschlecht, Alter, Ort) des Kunden abfragen und die Kommunikation auf diesen Parametern aufbauen.
  5. Bot vs Mitarbeiter: Dein Chatbot sollte dem Kunden immer die Möglichkeit lassen, zu einem realen Mitarbeiter zu wechseln.

Was müssen Chatbots können?

Chatbots müssen zumindest simple Anliegen der Menschen lösen können, um ihnen und dem Unternehmen wirklich Arbeit abzunehmen und Frustration zu vermeiden.

Zu den wichtigsten Fähigkeiten von Chatbots zählen:

  1. Mehrwert: Löst der Chatbot die Probleme der Nutzer und entlastet so das Unternehmen?
  2. Handhabung: Ist der Chatbot leicht verständlich und einfach zu bedienen? Gibt es Barrieren/Voraussetzungen (Anmeldung, Download, Installation, Kosten), um ihn nutzen zu können?
  3. Sprachverständnis: Kann der Chatbot Synonyme, Tippfehler und Umgangssprache verstehen, oder kommt eine Fehlermeldung?

Fazit / Tl;dr

Obwohl es scheinbar ruhiger um Chatbots geworden ist, sind sie auf den Fachmessen und –konferenzen immer noch ein heißes Thema.

Wer einen Chatbot für sein Unternehmen einsetzen möchte, sollte aber darauf achten, dass er einen Nutzen erfüllt und die Kundenkommunikation noch nicht vollständig ersetzen kann.

Author

Dominik Strzoda
Dominik Strzoda ist Gründer und Inhaber der Digitalagentur ZODA Media. Er ist Experte für Digitalisierung, Online Marketing und Customer Experience Management. Er berät mittelständische Unternehmen und Großkonzerne bei der strategischen Ausrichtung und Umsetzung von Digitalisierungsprojekten. Der gelernte Wirtschaftspsychologe leitete zudem diverse Seminare und hielt als Speaker Fachvorträge zu Online Themen.