Content für Menschen: Schritt für Schritt zur Persona

Barbara Ward
| 24.09.2015

Immer wieder heißt es, beim Content Marketing stünde das Interesse der Kunden im Vordergrund. Aber um zu wissen, was jemanden interessiert, muss man denjenigen sehr gut kennen. Die klassische Zielgruppenbeschreibung greift für Content Marketing daher viel zu kurz. Mit der Methode der Personalentwicklung hingegen lassen sich Wünsche und Bedürfnisse der User gut darstellen.

Eine typische Alltagssituation: Sie sind zu einer Geburtstagsfeier eingeladen und suchen ein passendes Geschenk. Je mehr Sie über das Geburtstagskind wissen, desto einfacher fällt die Wahl. Denn Sie wissen, was derjenige bereits hat, was ihm fehlt, wonach er sich sehnt, was er sich wünscht. Je persönlicher Ihr Geschenk zugeschnitten ist, umso größer ist die Freude.
Mit Content ist es genauso: Je besser Ihr Content auf die Zielgruppe zugeschnitten ist, desto erfolgreicher wird er sein.

Die gute, alte Zielgruppe hat ausgedient

Dass man die Bedürfnisse der Zielgruppe sehr gut kennen muss, ist nun wahrlich keine große Neuigkeit in Marketing und PR. Schon in den neunziger Jahren standen die Werbetreibenden vor dem Problem, dass demografische Daten nicht mehr ausreichten, um die immer komplexer und anspruchsvoller werdenden Zielgruppen zu beschreiben. Es entstanden die sogenannten Konsumententypologien.

In der Informations- und Werbeflut ist es heute wichtiger denn je, Inhalte exakt auf die Zielgruppe zuzuschneidern. Dafür muss man die Menschen, zu denen man spricht, verstehen. Die Typologien stoßen aber an ihre Grenzen: Zum einen sind sie weitestgehend auf das klassische Konsumentenverhalten ausgerichtet. Im B2BMarketing lassen sie sich schwierig einsetzen. Das größte Problem ist aber, dass Sie mit den Typologien zwar eben diese beschriebene Gruppe einordnen können. Aber das verrät Ihnen wenig darüber, wie sich Kunden im konkreten Zusammenhang mit Ihren Angeboten oder als Nutzer auf Ihrer Webseite verhalten.

Personas geben viele Antworten

Bei der Erstellung von Personas, steigt man viel tiefer in die Persönlichkeitsstruktur und Muster möglicher Kunden ein. Personas sind fiktionale, idealtypische Charaktere, die verschiedene Zielgruppen innerhalb Ihrer Nutzerschaft und Kundenkreise repräsentieren. Außerdem erstellt man Personas ganz individuell für ein bestimmtes Produkt oder Unternehmen. Damit geht diese Methode einige Schritte weiter als die Konsumententypologien.

Relevanter Content dank Personas

Nach wie vor bleibt es natürlich dabei, dass jeder Kunde anders ist, und Personas eben nur Prototypen sind. Dennoch lassen sich durch Personas Trends im Suchverhalten, bevorzugte Informationskanäle, Vorlieben und eben auch Themen und Wünsche gut prognostizieren. Mit dieser Methode können Sie Ihre Zielgruppen deutlich besser verstehen, denn Sie haben im Grunde Menschen vor Augen, auch wenn diese ausgedacht sind.

Die späteren Produzenten Ihres Contents werden Ihnen ebenfalls danken. Denn mit einer Persönlichkeitsbeschreibung des Publikums kann man Sprache und Struktur des Contents exakt ausrichten. Und sie können besser abschätzen, welche Content-Formate zu welchem Zeitpunkt geeignet sind.

Was braucht eine Persona?

Das Ziel besteht darin, für jede Ihrer Kundengruppen ein repräsentatives Personenprofil zu erhalten. Üblicherweise reichen drei bis vier Personas aus, mehr als sieben oder acht werden selten benötigt. Die Anzahl ist jedoch abhängig von Ihren Produkten und Vertriebskanälen.

Mit Personas arbeitet man aber nicht nur im Content Marketing, sondern auch beispielsweise bei der Entwicklung von Webseiten und Produkten. Je nachdem, wie Sie Ihre Personas nutzen möchten, kann daher eine Vielzahl an Informationen für die Profilerstellung verwendet werden. Wie das Profil später im Detail aussieht, variiert mitunter stark. Manche Unternehmen konzentrieren sich zunächst nur auf die Persönlichkeit und die Lebensumstände, andere ergänzen bereits Produktvorlieben, Userverhalten und den Bezug zum Unternehmen. Inspiration für Personas finden Sie im Random User Generator. Das Tool wirft auf Knopfdruck Fotos von fiktiven Personen und kurze Steckbriefe aus. http://www.designskilz.com/random-users/

Datensammlung: Der erste Schritt

Um Personas zu erstellen, können Sie verschiedene Quellen und Methoden kombinieren. Allgemein gesprochen sind demografische Daten die Ausgangsbasis, dazu kommen Informationen über Verhaltensmuster und Bedürfnisse. An diese Informationen gelangt man auf verschiedenen Wegen.
Zunächst einmal sammelt man alle Informationen, die bereits im Unternehmen vorhanden sind. Kundendatenbanken verraten bereits einiges, beispielsweise:

  • Wohnort
  • Alter
  • Einkaufsverhalten

Auch in Ihren Mitarbeitern schlummern wichtige Informationen. Durch Interviews mit dem
Vertrieb und dem Kundenservice erhalten Sie weitere Details, beispielsweise:

  • Kundenzufriedenheit
  • Produktvorlieben
  • Hindernisse im Kaufprozess
  • Informationsquellen
  • Dauer der Kaufentscheidung

Was verrät die Webstatistik über die Personas?

Wenn Sie bereits Content veröffentlicht haben, sollten Sie diesen im Zuge der Persona-Entwicklung analysieren. Beispielsweise ist es für das Content Marketing wichtig, über welche Kanäle Besucher auf Ihre Webseite landen. Und nicht zu vergessen: Die Keywords und Suchanfragen, die zu Ihrer Webseite führen. Daraus lassen sich unter Umständen bereits beliebte Content-Formate oder Themen ableiten. Details wie die Browser und Endgeräte, mit denen auf Ihre Inhalte zugegriffen wird, geben Ihnen ebenfalls Hinweise. Nutzen Ihre Besucher vorwiegend veraltete Browser, sind Sie vermutlich nicht gerade netzsüchtige Technik-Freaks. Ist eine Ihrer Personas vorrangig iPad- oder Smartphone-User müssen Sie das definitiv in Ihrer Content-Planung berücksichtigen. Denn mobile Endgeräte unterscheiden sich in Größe und Nutzungssituation von Laptop oder Desktop-Computern. Der Content sollte dazu passen.

Kommentare, Interviews und eine Prise Bauchgefühl

Sofern Sie Ihre Kunden gut kennen, ergänzen Sie die Informationen mit Ihrer eigenen Einschätzung über die Motivationen, Herausforderungen, Wünsche und Interessen Ihrer Kunden. Dafür kann die Auswertung Ihrer sozialen Profile hilfreich sein. Die Statistiken aus Facebook sind enorm aufschlussreich. Aber auch Kommentare auf Ihrer Fanseite, im Blog oder allgemein in Bewertungsportalen sind interessant für die Erstellung von Personas. Letzten Endes sollten Sie aber nicht nur spekulieren und Sesselwissenschaft betreiben: Interviews mit Ihren Kunden (telefonisch oder persönlich) sind ebenfalls Teil der Persona-Entwicklung. Ein gutes Tool sind außerdem Umfragen auf Ihrer Webseite.

Kurze Checkliste für die Personaerstellung

Für das Content Marketing sind folgende Informationen auf der einen oder anderen Ebene von Bedeutung:

  • Demografische Daten (Geschlecht, Alter, Einkommen, Bildungsgrad)
  • Lebensumstände (Beruf, Familienleben, Wohnortgröße)
  • Soziales Umfeld (Alltagsabläufe, Gewohnheiten, Freizeitverhalten)
  • Einstellung (Wünsche, Ziele, Ängste, Motivation)
  • Informationsbedarf (Kanäle, Interessen, Formate)
  • Internetnutzung (Geräte, Netzwerke, allg. Affinität)

Speziell im B2B-Marketing sollten Sie sich auch über die Position, Kompetenzen und allgemeine Jobsituation Ihrer Persona im Klaren sein. Schließlich ist die Kontaktperson nicht immer auch der Entscheider (das kann natürlich auch für Privatkäufe gelten). Außerdem ist der Kaufprozess auch von unternehmensinternen Prozessen auf Seiten Ihrer Persona abhängig.

Letzter Schliff: Die Persona erwacht

Sind alle Quellen angezapft, ist es an der Zeit die Daten auszuwerten, in dem Sie Typen identifizieren und zusammenfassen. Sie müssen entscheiden, wie viele Gruppen sich aus Ihrer Recherche ableiten lassen. Demografische Daten, beispielsweise Alter oder Einkommen, sollten dabei eine untergeordnete Rolle spielen, denn für die spätere Redaktionsarbeit sind die weichen Faktoren wie Interessen, Lebensstil, Werte oder Motivationen viel wichtiger. Eine 60-jährige Frau kann daher ebenso durch eine 35-jährige Persona repräsentiert sein, wie ein 20-jähriger Mann – sofern ihr Denken und Handeln ähnlich sind.
Umreißen Sie jede Persona zunächst kurz in Stichworten. Denken Sie dann über einen Namen nach. Am besten geht man hier im Team vor. Die Diskussion über den Namen kann schon sehr viel über die Persona verraten.

Gestatten? Dies ist Ihre Persona

Geben Sie Ihrer Persona dann ein Gesicht. Das Stöbern in Bilddatenbanken ist dabei sehr hilfreich. Formulieren Sie abschließend das Personenprofil aus. Wenn mehrere Personas entwickelt werden, ist es sinnvoll, die Personas zu priorisieren. Nicht alle Kunden- oder Nutzergruppen sind gleich relevant. In der Content-Planung ist später gut zu wissen, für wen hauptsächlich produziert wird.

Author

Barbara Ward
Barbara Ward hat mit ‚Fit für Content Marketing’ bereits ihr drittes Fachbuch veröffentlicht. Trotzdem kommt ihr die Bucharbeit noch immer wie ein Ausflug ins Weltall vor. Denn eigentlich ist sie mit Haut und Haaren Onlinerin. Die gelernte Werbekauffrau, studierte Medienwissenschaftlerin und Journalistin lebte lange im englischsprachigen Ausland. Dort nutzte sie soziale Netzwerke bereits als Kampagneninstrument, in Zeiten, in denen Facebook noch in den Kinderschuhen steckte. So twittert und postet sie professionell schon seit 2006, und das sogar aus steckengebliebenen Aufzügen. Aktuell ist sie als Autorin und Beraterin für Unternehmen, Verlage und Agenturen tätig.