Das Suchvolumen: (K)Ein verlässlicher Messwert? Eine Untersuchung
Das Suchvolumen ist einer der meist genutzten Messwerte in der täglichen Suchmaschinenoptimierung. Doch ist es wirklich so verlässlich? Wir zeigen dir, warum du das Suchvolumen mit Vorsicht genießen musst und wie du den Wert für deine tägliche Arbeit richtig einschätzt.
Bedeutung von Suchvolumen in SEO Arbeitsalltag
Das Google Suchvolumen gibt die Anzahl an durchschnittlichen monatlichen Suchanfragen für ein bestimmtes Keyword wie beispielsweise “seo einfach erklärt” an. Der Messwert gilt hierbei innerhalb eines bestimmten Zeitraums für Einstellungen bezüglich
- Sprachen,
- Länder
- Regionen
- Suchnetzwerk.
Das Suchvolumen wird von Google im Google Keyword Planner veröffentlicht, welches ein Tool des Produktes “Google Ads” ehemals “Google AdWords” ist. Google gibt Werbetreibenden hiermit ein Hilfsmittel an die Hand, um die Auswahl von Keywords zu vereinfachen, zu denen Google-Werbeanzeigen geschaltet werden sollen. Die folgende Abbildung zeigt das User Interface des Keyword-Planners mit den genannten Einstellungsmöglichkeiten.
Nun versuchen SEOs ihre Inhalte effizient auszurichten, so dass Suchmaschinen diese ohne Bezahlung prominent in den organischen Suchergebnissen platzieren. Suchmaschinen sollen qualifizierte Nutzer aus der Suche möglichst zahlreich an die Zielseite weiterleiten, so dass die Besucher bspw. zu Kunden oder Newsletter-Abonnenten konvertiert werden können.
Genau zu diesem Zweck ziehen auch SEOs das Suchvolumen aus dem Keyword Planner im Zuge einer so genannten Keyword Recherche heran. Suchmaschinenoptimierer suchen nach geeigneten Keywords für ihre Zielseiten und wägen bei den Keywords zwischen Suchvolumen und Wettbewerb ab.
Tendenziell geht mit einem hohen Suchvolumen ein hoher organischer Wettbewerb einher, was wiederum einen höheren Optimierungsaufwand der Zielseite zur Folge hat.
Info: Es ist ein Kostenunterschied, ob das fokussierte Keyword für eine Zielseite “wildkamera” mit hohem Suchvolumen und hohem organischen Wettbewerb oder “fotofalle” mit niedrigerem Suchvolumen und niedrigerem organischem Wettbewerb ist, obwohl die Suchintention bei beiden Keywords meist dieselbe ist.
Wie exakt ist das Suchvolumen?
Da das Suchvolumen zu den grundlegenden Entscheidungsfaktoren in der Content-Ausrichtung gehört, stellt sich die Frage, wie verlässlich die Meßwerte sind, die uns Google bereitstellt.
Info: Da das Suchvolumen in Google Ads Accounts ohne aktive Kampagnen mit ausreichendem Budget lediglich Suchvolumen-Spannen angibt, nutzen wir zum Ermitteln der Suchvolumen für die folgenden Untersuchungen einen produktiven Account.
Gerundeter jährlicher Durchschnitt in ~ 80 Suchvolumen Klassen
Zunächst muss man wissen, daß das Suchvolumen ohne zusätzliche Einstellungen ein gerundeter Durchschnitt der letzten 12 Monate ist. Im Grunde ist das nicht schlecht für einen Vergleichswert, denn die Zielseite soll meist auch das ganze Jahr über Besucher empfangen. Trotzdem lohnt sich ein Blick auf die monatlichen Suchvolumen, die ebenfalls im Google Keyword-Planner einzusehen sind. Bei saisonalen oder kurzzeitig gehypten Keywords kann das so genannte Weihnachts-Problem beobachtet werden, bei dem das Suchvolumen irreführend ist.
Das Suchvolumen für “Weihnachten” liegt demnach bei 165.000 durchschnittl. Suchanfragen pro Monat. Jedoch sind diese 165.000 durchschnittlichen Suchanfragen alles andere als gleichmäßig verteilt. Während im Dezember 1.220.000 Suchanfragen vorlagen, sind es im Januar und den folgenden Monaten nur ein Bruchteil mit etwa 20.000 Suchanfragen pro Monat.
Nimmt man das Keyword “Weihnachten” als Beispiel, kann man ein weiteres Phänomen beobachten. Teilt man die monatlichen Suchvolumen durch 12 Monate, erhält man nicht den erwarteten Durchschnitt von 165.000, sondern 168.325. Eine ähnliche Ungenauigkeit ergibt sich, wie Google selber angibt, wenn man die Summe mehrer Standorte mit dem Suchvolumen der zugehörigen Region vergleicht.
Monat | Suchvolumen |
Januar | 49.500 |
Februar | 18.100 |
März | 22.200 |
April | 14.800 |
Mai | 14.800 |
Juni | 14.800 |
Juli | 18.100 |
August | 27.100 |
September | 60.500 |
Oktober | 110.000 |
November | 450.000 |
Dezember | 1.220.000 |
Errechneter Durchschnitt | 168.325 |
Erwarteter Durchschnitt | 165.000 |
Untersucht man ausreichend viele Keywords, erkennt man etwa 80 logarithmisch verteilte Klassen, denen die durchschnittlichen monatlichen Suchvolumen wie auch die monatlichen Suchvolumen angehören.
Die monatlichen sowie durchschnittlichen Suchvolumen der letzten 12 Monate werden also in die nächstgelegene Klasse gerundet. Wie die Grafik zeigt, werden die Rundungen dabei umso gröber, je höher das Suchvolumen ist.
Info: Die MOZ Studie, welche unter anderem den gleichen Aspekt des Suchvolumens untersucht, geht hier davon aus, dass die monatlichen Suchvolumen exakt sind. Unsere Vermutung ist, dass Google die Suchvolumen exakt speichert und lediglich die Ausgabe rundet, unabhängig von der Einstellung bezüglich Zeit und Region.
[keyword] = [keyword] + Keyword Varianten
Neben der Einteilung in Klassen ist die Definition des Begriffs “Keyword” einer Betrachtung wert. Die Bedeutung von “exact match” Keywords, also solchen wie sie im Keyword Planner für das Suchvolumen angezeigt werden, wurde 2014 und 2017 von Google aufgeweicht. Die exact match Keywords mit denen wir heute im Keyword Planner arbeiten, sind durch so genannte “close variants” erweitert. Das bedeutet für Werbetreibende, dass Anzeigen ausgespielt werden, wenn die Suche die gleiche Bedeutung hat wie das gebuchte Keyword. Hierunter fallen
- Fehlerhafte Schreibweisen
- Singular- oder Plural Formen
- Wortstämme (z. B. Italien und italienisch)
- Abkürzungen
- Akzentzeichen
- Wörter in einer anderen Reihenfolge mit derselben Bedeutung (z. B. [schuhe herren] und [herren schuhe])
- Hinzugefügte oder entfernte Funktionswörter. Beispielsweise ist [schuhe für herren] eine ähnliche Variante von [herren schuhe].
Die angegebenen Klickkosten für das Keyword im Keyword Planner beziehen sich nur auf das Hauptkeyword. Das Suchvolumen gibt hingegen vermutlich die Summe aller Suchvolumen der Varianten an. Dies ist das, was Google selbst schreibt:
Durchschnittliche Suchanfragen pro Monat („Durchschnittl. Suchanfragen pro Monat“): Die durchschnittliche Anzahl der Suchanfragen für dieses Keyword und ähnliche Varianten bei den ausgewählten Ausrichtungseinstellungen und im ausgewählten Zeitraum. Standardmäßig wird der Durchschnittswert für einen Zeitraum von zwölf Monaten berechnet.
Das Keyword “seo”, die amerikanisch ausgeschriebene Variante “search engine optimization” und die britisch ausgeschriebene Schreibweise “search engine optimisation” werden vom Keyword Planner alle unter “seo” eingeordnet und haben zusammen ein Suchvolumen von 33.100. Sicherlich hat die britische Schreibweise jedoch einen viel geringeren Anteil an Suchanfragen als es die beiden anderen Keywords haben. Nun wird eine Anzeige bei allen drei Keywörtern ausgespielt, im organischen unterscheiden sich die Ergebnisse allerdings stark. Wählt der SEO eine falsche Variante als fokussiertes Keyword für eine Zielseite, kann dies erhebliche Auswirkungen auf den Traffic bewirken.
Suchergebnisse von links nach rechts für die Keywords “seo”, “searchengine optimization” und “searchengine optimisation”:
Ab dem 1. Oktober 2018 wird für englische Keywords eine weitere Änderung wirksam. Es gilt
[keyword] = [keyword] + Keywords mit gleicher Suchintention
Die Suchintention ermittelt Google mit Hilfe selbstlernender Algorithmen. Während diese Änderung für den Werbetreibenden abhängig von der Genauigkeit des Algorithmus eine hilfreiche Veränderung ist, macht es die Interpretation des Suchvolumens für SEOs weiterhin schwieriger.
Info: XOVI beobachtet aktuell die Suchvolumen der Keywords im englischen Sprachraum, um mögliche Änderungen festzustellen. Wir informieren Dich natürlich sobald die Ergebnisse vorliegen.
No-Click Searches Problem
Wie wir sehen ist das Suchvolumen an sich komplexer, als der Begriff vermuten lässt. Darüber hinaus wirken aber auch externe Faktoren auf ein Keyword ein, welche der SEO für eine valide Keyword Recherche im Hinterkopf haben sollte. Google ist seit der Einführung des Hummingbird Algorithmus stetig besser darin geworden, Fragen von Nutzern mit Hilfe des Knowledge Graphen direkt in den Google Suchergebnissen zu beantworten.
Das ist praktisch für den Google Nutzer jedoch vermindern dies die Klickrate auf organische Suchergebnisse drastisch. Während man früher versuchte die Anzahl der monatlichen Klicks anhand des Suchvolumens und der durchschnittlichen Klickraten der Suchergebnisse auf den Positionen 1 bis 10 abzuschätzen, lässt sich dies also heute nicht mehr ohne Weiteres machen.
Datenvergleich Search Console Impressionen und Suchvolumen
Während das Suchvolumen von Google unabhängig von dem konkreten Suchergebnis gemessen wird, misst Google die Impressionen in der Search Console für bestimmte Keywords und Domains. Um ein Gefühl für die Genauigkeit des Suchvolumens zu bekommen, haben wir Search Console Impressions mit dem Suchvolumen verglichen. Da die Rundung im Keyword Planner bei kleinen Suchvolumen geringer ist als bei großen, vergleiche wir die Suchvolumen mit den Search Console Impressions lediglich für den Monat August 2018.
Info: Alle Keywords dieser Analyse weisen eine durchschnittliche Position in den Google Suchergebnissen von 1 bis 5 auf. Da Keywords auf höheren Positionen schneller auf die zweite Seite der Suchergebnisse abrutschen, würden diese möglicherweise die Impressionen als Vergleichswert für das Suchvolumen verfälschen.
Während die ahref Studie, welche das Suchvolumen ebenfalls mit den Search Console Impressionen vergleicht, keine Konsistenz im Vergleich von Search Console Impressionen und Keyword Planner Suchvolumen aufweist, sind unsere Vergleichsdaten der Keywords einigermaßen proportional zueinander, wie die nachstehende Abbildung zeigt. Hierbei sind die Search Console Impressionen aufsteigend sortiert.
Ideal wäre zwar eine weniger sprunghafte Differenz der Werte, um eine eindeutige Aussage über die Validität des Suchvolumens treffen zu können; gewürfelt ist das Suchvolumen jedoch eindeutig nicht. Betrachtet man die Keywords mit der höchsten Differenz genauer, so fällt auf, dass es sich hierbei oft um Brand-Keywords handelt. Möglicherweise liegt dies daran, dass Google bei Brand Suchen oft eine gekürzte Version der Suchergebnis-Seite ausliefert und unsere Test-Webseite in diesen Fällen nicht vertreten ist.
Keyword | Absolutwert Differenz |Suchvolumen – Impressionen| | Brand Search? |
etracker | 644 | ja |
sedo | 674 | ja |
segmentierung | 870 | nein |
fanpage karma | 922 | ja |
indexierung | 962 | nein |
reseller | 1791 | nein |
craigslist usa | 1803 | ja |
dns server | 2515 | nein |
heatmap | 2521 | ja |
testimonial | 2903 | nein |
interstitial | 2930 | nein |
newsfeed | 3166 | nein |
hootsuite | 4098 | ja |
thumbnail | 4592 | nein |
google patents | 5271 | ja |
seller central | 8378 | ja |
gateway | 9883 | nein |
mailchimp | 11424 | ja |
google account | 13485 | ja |
google alerts | 16405 | ja |
followers | 17275 | nein |
linkdin | 48013 | ja |
linked in | 68147 | ja |
486300 | ja |
Datenvergleich Google Trends und Suchvolumen
Neben den Search Console Impressions nutzen wir die relativen Google Trends Daten für die Monate Mai 2016, Mai 2017 und Mai 2018 bezüglich 3.882 Keywords zu einem weiteren Vergleich. Ausgehend von den Suchvolumen für Mai 2016 und den dazugehörigen Trends Daten werden die Suchvolumen für Mai 2017 und Mai 2018 abgeleitet.
Die beiden folgenden Abbildungen zeigen die Abweichungen pro Keyword in Prozent bezüglich der originalen Suchvolumen. Die Abweichungen verteilen sich gleichmäßig im Positiven wie auch im Negativen etwas unterhalb der 0-Linie.
Entfernt man Ausreisser mit einer Abweichung von mehr als 100%, ergeben sich Standardabweichungen wie folgt:
Schätzung | # Ausreisser | Standardabweichung in % |
Mai 2017 | 69 von 3882 | 29.3848619493906 |
Mai 2018 | 73 von 3882 | 29.682071124668 |
Wie im Vergleich mit den Search Console Daten ist man als SEO mit einer Standardabweichung von ~ 30 Prozent nicht super glücklich; ganz schlecht sind ~ 30 Prozent aber auch hier nicht.
Eignet sich das Suchvolumen denn nun für die Suchmaschinenoptimierung?
Ganz klar jein 🙂 Die Charakterisitk des Suchvolumens zeigt, dass dieses ohne nähere Betrachtung der zugehörigen Keywords nicht ausreichend verlässlich ist. Rundungen des Suchvolumens, das Weihnachts-Problem, Aggregationen von verwandten Suchbegriffen und zukünftig auch von Suchintentionen verwässern den Messwert.
Der Hummingbird Algorithmus sorgt für eine immer häufigere Beantwortung von Fragen direkt in den Suchergebnissen, so dass das Suchvolumen nicht mehr ohne Weiteres mit der Anzahl prognostizierter Klicks auf organische Ergebnisse ins Verhältnis gesetzt werden kann.
Die Validierung des Suchvolumens durch den Vergleich mit Search Console Impressions und den Google Trends Daten zeigt, dass das Suchvolumen und die Vergleichswerte einigermaßen ähnlich sind und nicht völlig ungenau sind. Auch wenn wir uns bessere Ergebnisse erhofft haben, bewerten wir diese trotzdem tendenziell positiv.
Unter dem Strich bleibt das Suchvolumen bis auf Weiteres die valideste Quelle zur Bewertung von Keywords. Vorausgesetzt natürlich, dass du die möglichen Fallstricke bei deiner Keywordrecherche immer im Hinterkopf behältst.